Dezember 2024: Schutz gesucht!

Dezember 2024: Schutz gesucht!

02.12.2024

Schutz gesucht!

Hohoho, jetzt kommt ein heißes Eisen! Oder ein glattes Parkett. Ich wage es trotzdem.

Unsere Welt verändert sich. Das merken wir alle gerade mehr als je zuvor. Und wissen Sie, was das einzig Außergewöhnliche daran ist? Dass wir es mehr als je zuvor merken. Wir schenken diesen Änderungen so viel Aufmerksamkeit, dass wir uns zunehmend von wem oder was auch immer bedroht fühlen. Ich hatte da in den letzten wenigen Jahren eine ziemlich lange Leitung bis ich bemerkte, dass das auch für Hundebesitzer gilt. Interessanter Weise vor allem für Ersthundebesitzer.

Was ist passiert?

Seit einigen wenigen Jahren trainiert hier immer mal wieder der eine oder (vor allem) die andere Hundebesitzer(in), die sich für eine extrem unpassende Rasse von großer Größe und/oder überdurchschnittlich hoch vorhandenem Schutz- und Wachtrieb entschieden haben. Dies sind zumeist auch noch Ersthundebesitzer, deren Basiswissen und Verständnis für die Bedürfnisse ihres Hundes nur in kleinem Maße vorhanden sind. In sehr vielen Fällen schaffen wir das gemeinsam sehr gut und alle sind und bleiben glücklich miteinander. Diese Menschen haben sich oft anfangs überschätzt in ihren Fähigkeiten und sich einfach für den Hund entschieden, den sie toll fanden. Das bekommen wir schon hin.

Und dann gibt es die anderen, inzwischen leider häufiger als früher auftretenden und bedenklichen Fälle, in denen ich (inzwischen schneller als vor einigen Jahren) ganz klar sagen kann: Da möchte ein Mensch seinen Hund gar nicht zu einem netten, gut erzogenen, sozialverträglichen und damit wertvollen Mitglied der Gesellschaft machen!!! Die stehen da gerade vor mir, weil sie ein Alibi brauchen. Ganz nach dem Motto: "Ich hab es mit mehreren Hundetrainern versucht und leider hat es nicht geklappt. Aber ich gebe den lieben Kerl nicht wieder ab (jawohl, es waren bisher IMMER Rüden). Er ist eben wie er ist, aber ich liebe ihn trotzdem." So kann man vor Familie und Freunden vertreten, dass man den provokanten Terroristen nicht abgibt.

In Wirklichkeit haben sich diese Menschen absichtlich und mit klarem Wissen jemanden angeschafft, der sie beschützen soll. Denn sie haben einfach Angst. Vor wem auch immer ... man erfährt es meistens nicht. Manchmal wird es schnell klar (wenn der Gatte nachts häufig nicht zu Hause ist), häufig ist es aber auch einfach eine Psychonummer. Was ich jedoch nach zwei oder drei Stunden weiß: Die wollen gar nicht, dass sich ihr Hund ändert! Die sabotieren jeden Versuch, aus dem zumeist eigentlich wirklich netten Grundcharakter ihres Hundes einen netten Zeitgenossen zu machen. Der Arme soll ihnen nur Schutz und Sicherheit geben. Die Welt soll wissen: "An mich braucht ihr euch gar nicht ranzutrauen. Ich hab da einen Freund, der wird euch schon zeigen, wo es lang geht." Selbst um den Preis, von ihrem Liebling durch die Gegend gezogen, angepöbelt, bellend ausgeschimpft, ständig provoziert und dominiert zu werden ... alles ist gut, Hauptsache der Superman zeigt nach außen allen, was er kann.

Und dann - einige Monate später - geht der Schuss fast immer nach hinten los. Leider glauben die gut Beschützten mir das nicht, wenn sie mit dem noch jungen verzogenen Riesenbaby oder Terrorzwerg vor mir stehen. Meist kommt der Tag, an dem der Briefträger an die Wand gestellt, ein Kind angefletscht wird, der Besuch sich im Haus nicht mehr bewegen darf oder der Nachbarhund gebissen wird. Bei schlecht verlaufenden Hundebegegnungen wird aus Frust dem eigenen Besitzer ein Loch in den Oberschenkel geratscht oder ununterbrochen in die Leine gebissen, bis auch schon mal ein Finger dran glauben muss.

Warum muss es so oft so weit kommen? 

Weil die Welt eine gefährliche geworden ist? Oder weil manche Menschen das Bedürfnis haben, es mal wieder allen zeigen zu wollen?? Der Hund als Stellvertreter dessen, was man selbst gerne wäre.

Und genau in diesen Fällen fühlt man sich als Trainer/in sehr machtlos. So gerne würde man mit verhältnismäßig einfachen Mitteln einem Hund zu einem entspannten Leben verhelfen - wenn da nicht der Besitzer heimlich, still und leise genau das Gegenteil planten. Und das, indem sie so tun, als wollten sie das auch. Bis man merkt, sie wollen es nicht. Ganz sicher gibt es unter diesen Menschen auch solche, die sich ihres Tuns nicht aktiv bewusst sind. Aber das macht es auch nicht besser.

In diesem Sinne wünsche ich jedem Hundetrainer, ohne jegliche Vorverurteilung dennoch recht schnell herauszufinden, wenn man auf einen dieser Hundebsitzer getroffen ist, die Schutz suchen. Und ich wünsche uns allen als Hundehalter, Nachbarn, Spaziergänger nicht zu oft auf solche Zeitgenossen mit ihren Beschützern zu treffen.

Herzliche Grüße

Ihre Martina Nau