Juli 2025: Manchmal kommt er später

Juli 2025: Manchmal kommt er später

02.07.2025
Im Laufe eines Jahres erlebt man eine Menge hier auf dem Platz. Vor allem die Kommentare sind oft sehr typisch für die Menschen in dieser Region: trocken lustig mit dem Blick für die Realität, die verändert werden muss, dies jedoch ohne einen übertriebenen Ehrgeiz.

Eine sehr nette Hundebesitzerin zum Beispiel kam mit ihrem kleinen, weißen Mischlingshund zu einer Einzelstunde. Ziel: Verbesserung des sozialen Verhaltens und des Benehmens. Der Hund war unglaublich frech, bellte viel und war auf und davon - so weit wie es der Zaun zuließ -, als wir ihn ableinten. Wir ließen ihn eine Zeitlang schnüffeln und schließlich fragte ich sie, ob er kommt, wenn sie ihn ruft. Sie wiegte nachdenklich den Kopf hin und her und meinte: "Joooaaa, oft." Wir machten die Probe aufs Exempel: Sie rief ihn, er kam nicht. Sie rief ihn noch weitere ein, zwei, drei Male. Der Kleine reagierte überhaupt nicht. "Tja", sagte die Dame locker mit einem Achselzucken, "manchmal kommt er später." 

Generell neigen wir Hundeleute sehr gerne dazu (absichtlich oder unabsichtlich) uns viele Dinge schön zu reden. Ich schließe mich nicht davon aus. Manchmal möchte man einfach nicht sehen, was nicht schön ist. Das kann einem schließlich schnell den Tag verderben. 

Die Klassiker der Selbstberuhigung halten sich so hartnäckig, dass man darüber schon staunen kann. Wenn der Rüde immer und überall sein Bein hebt, angeleint (!) - das Ausrufezeichen dafür, dass man es ja verhindern könnte - jeden Pfahl, höheren Grashalm und den Mülleimer anpieselt, dann höre ich jährlich von 100 Hundebesitzern entweder: "Der muss doch auch mal Pipi machen dürfen" oder "Der hat eben Stress, weil er sich so auf seine Freunde freut." Sie wissen genau, dass das nicht so ist. Und wenn beides wirklich der Fall wäre, würde ich den vierbeinigen Herrn trotzdem nicht markieren lassen. Aber lassen Sie uns ehrlich sein: Kein Mensch glaubt in diesen Fällen an seine eigenen Ausreden. 

Lustig ist auch die Erklärung: "Das Gras ist ihm zu nass", wenn sich der jugendliche Labrador auf das Wort "Sitz" nicht setzen möchte. Fünf Minuten später ist es ihm nicht zu nass, wenn er sich darin mit seinen Freunden im Spiel wälzt. 

Auch meine Warnung, den eigenen Hund nicht ständig anzugucken, anzusprechen oder auf seine Aufforderungen einzugehen, werden meistens mit einem "Das würde ich nie machen", abgewiesen. 

Ich mache Schluss hier mit den schnöden Beispielen. Sind wir doch ehrlich: Wir kennen sie alle. Ich finde das auch sehr menschlich. Trotzdem: Immer dann, wenn wir es übertreiben mit den Ausreden und dem Schönreden, dann wird es den anderen Menschen und Hunden oder dem eigenen Hund gegenüber unfair. Und manchmal wird es sogar gefährlich. 

Machen Sie doch mal die Probe aufs Exempel. Rufen Sie Ihren Hund und staunen, wie oft er später kommt. Machen Sie sich eine Strichliste auf den Handrücken, wie oft Sie Ihren Hund ansehen und ansprechen. Zählen Sie, wie oft Ihr Rüde auf einem Spaziergang sein Bein hebt und Sie ihm dabei andächtig zusehen, wie er damit anderer Leute Eigentum als seins deklariert. Testen Sie, wie angenehm (oder eben nicht angenehm) Ihr Hund Ihre Streicheleinheiten den ganzen Tag hindurch findet, indem Sie ehrlich seine Körpersprache beobachten. Zählen Sie, wie oft Ihr Hund Ihren Nachbarn an einem Tag mit seiner Kläfferei auf die Nerven geht. 

Naa?? Möchten Sie wirklich wissen, was dabei herauskommt? Vielleicht ja ... vielleicht nein. Trotzdem ist eines noch immer das Wichtigste: ehrlich sein und dabei trotzdem nicht den Humor verlieren. :-)) 

Herzliche Grüße 

Ihre Martina Nau