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Es gibt sie auf der ganzen Welt. Zu uns kommen sie über Tierschutzorganisationen seit einigen Jahren fast ausschließlich aus Süd-und Osteuropa: Straßenhunde und Streuner.

Vor allem im englischen Sprachraum unterscheidet man diese beiden Hundetypen, und es macht Sinn, sie voneinander zu trennen. Wenn ein Hund hier bei uns ein neues Zuhause findet, wäre es für alle häufig hilfreich zu wissen, wie und unter welchen Umständen man ihn in seinem Ursprungsland aufgegriffen hat, denn schon daran kann man oft festmachen, ob das neue Familienmitglied ein ehemaliger Streuner ist oder als Straßenhund gelebt hat. Damit könnte man gezielter dafür sorgen, dass Mensch und Hund zusammen passen oder man könnte problematische Verhaltensweisen erklären und dem Hund schneller helfen.

Worin besteht nun der Unterschied zwischen Straßenhunden und Streunern?

„Straßenhunde“ leben nicht nur auf der Straße. Das Wort ist ein Sammelbegriff für Hunde, die kein festes Zuhause haben, nicht mit Menschen zusammen leben oder jemals zusammen gelebt haben. Sie leben auf Müllkippen, in Städten, Dörfern oder im Wald. Es sind „wilde“ Hunde, und das meistens seit Generationen. Sie schlagen sich häufig unter widrigen Umständen durchs Leben und ziehen ihren Nachwuchs unter Schwierigkeiten und Gefahren auf.

Der Beste überlebt, und der Beste ist immer derjenige, der sich den jeweiligen Lebensumständen am besten anpasst. Dies kann der Schnellste sein, der Aggressivste oder der Scheueste, aber auch der Freundlichste. In Touristenstädten benehmen sich Straßenhunde häufig ruhig und unauffällig. Sie stören nicht, machen keinen Ärger, lungern um die Hotels herum und warten darauf, dass ein Gast ein Brötchen liegen lässt oder ihnen ein Stück Wurst gibt. Auffallen heißt hier unerwünscht sein – und das könnte das Leben kosten.

Manchmal leben Straßenhunde in einem Rudel, und zwar immer dann, wenn es ihnen etwas bringt. Gemeinsam gehen sie jagen oder sichern „ihre“ Straßen gegen andere vierbeinige Eindringlinge ab, denn dort findet man Essbares, kann ohne Gefahr schlafen oder sich fortpflanzen.

Manche Straßenhunde schlagen sich aber auch alleine durchs Leben. Sie passen vielleicht in keine Gruppe, werden nicht aufgenommen (warum auch immer) oder es gibt so wenig Nahrung und sichere Plätze, dass jeder Hund des anderen Hundes Konkurrent ist. Kommt man sich zu nahe, gibt es unter Umständen auch schon mal eine Prügelei. Hier ist also eher Misstrauen und eine große Individualdistanz, manchmal auch Aggressivität gefragt, wenn man überleben möchte. Das Wort „Streuner“ hört sich nett an. Ganz schnell verbindet man mit ihm „Vagabunden“ oder „Lebenskünstler“. Es entlockt uns oft ein freundliches Schmunzeln.

Streuner gibt es auf der ganzen Welt, und manchmal sogar noch in Deutschland. Sie haben auf irgendeine Weise ein Zuhause, gehören (oder gehörten eine Zeitlang) zu bestimmten Menschen, bei denen sie zumindest schlafen und von denen sie gefüttert werden. Dies ist für uns Menschen eine sehr ursprüngliche Art mit Hunden zusammen zu leben. Oft verlassen diese Hunde morgens das Haus, lungern auf den Straßen herum, schauen in der Mittagszeit mal wieder vorbei, ob etwas vom Mittagessen abfällt, dösen hier und dort in der Sonne und finden sich – je nach Tagesablauf ihrer Menschen – irgendwann wieder zu Hause ein.

Entsprechend vertraut sind Streuner (mal mehr, mal weniger) mit allem, was uns Menschen ausmacht. Wenn ein Streuner einen Wurf Welpen hat, behält sein Mensch diese meistens

(zumindest einige von ihnen) und verteilt sie unter Nachbarn und Verwandten. Wie in einem geplanten Zuchtgeschehen verbleiben natürlich die schönsten und liebsten Welpen beim Menschen, so dass auf natürliche Weise eine komplett andere „Zuchtauswahl“ entsteht als bei Straßenhunden.

Auf den ersten Blick ist der Unterschied zwischen beiden Hundetypen nicht groß. Doch beim näheren Hinsehen und Nachdenken trennen sie meistens Welten. Dies spielt vor allem eine große Rolle, wenn wir einen Hund aus dem Tierschutz aufnehmen. Oft bemerkt man durch Beobachtung sehr schnell, ob ein Hund ein Streuner oder ein richtiger Straßenhund war, ob er schlecht sozialisiert oder wesensschwach, oder ob er wagemutig oder ein Kontrollfreak ist.

Und darum auch an dieser Stelle wieder einmal meine Bitte an alle, die Hunde aus dem Tierschutz vermitteln oder aufnehmen: Jeder Hund ist anders, man kann an vielen Problemen arbeiten, muss aber manche auch als gegeben hinnehmen. Und längst nicht jeder Hund passt zu jedem Menschen.

In den meisten Fällen sind Straßenhunde wesentlich schwieriger in unser Leben zu integrieren als ehemalige Streuner. Wenn man also einen Hund aus Süd- oder Osteuropa aufnimmt, dann geht man das Risiko ein, einen Streuner oder Straßenhund mit all seinen wunderbaren Seiten oder mit großen Problemen zu bekommen, die das tägliche Leben stark einschränken können.

Alles ist möglich. Wichtig ist nur eins: Retten alleine reicht nicht. Dem Hund muss es nachher besser gehen als vorher. Und zwar aus der Sicht des Hundes, nicht aus unserer.

Herzliche Grüße

Ihre Martina Nau

und das gesamte Baak Dogwalker - Team