Heute möchte ich Ihnen eine Rasse vorstellen, die hier in Deutschland ziemlich unbekannt ist. Es gibt insgesamt sechs Retrieverrassen, und eine von ihnen ist der Chesapeake Bay Retriever.
Mit bis zu 66 cm Schulterhöhe (beim Rüden) ist er ein eher großer Hund. Sein Fell ist lockig, kurz und fühlt sich ölig an, die Unterwolle ist sehr dicht. Die Farben liegen zwischen einem hellen Gelbbraun und Dunkelbraun. Die Fellpflege ist einfach: er sollte regelmäßig gebürstet werden, vor allem während des Fellwechsels. Seine Augen sind meist bernsteinfarben, was ihm in Kombination mit seinem Fell ein außergewöhnliches Aussehen verleiht. Man schätzt, dass es derzeit in Deutschland zirka 600 Vertreter dieser Rasse gibt.
Als einzige Retrieverrasse aus den USA unterscheidet er sich in einigen Dingen von den anderen fünf Retrieverrassen, die wir hier in Europa kennen. Er bringt nicht nur ausgezeichnete Jagdeigenschaften mit, sondern auch einen erhöhten Schutz- und Wachtrieb. Dabei ist er ein selbstständiger Hund, der nicht immer einfach auszubilden ist. Aber er lernt gerne und ist stets bereit, seinen Job zu machen, sobald sein Mensch ihn dazu auffordert. Dabei ist er sehr loyal.
Ursprünglich für die Jagd auf Niederwild und vor allem auf Federwild am Wasser gezüchtet, ist er inzwischen auch ein guter allgemeiner Jagdgebrauchshund. Wasser - auch kaltes Eiswasser - machen ihm nichts aus, große Gänse, wehrhaftes Wild, schwieriges Gelände - all dies sind keine Gründe für ihn, seine Arbeit nicht zu machen. Ursprünglich hatte er zudem die Aufgabe, seine Familie zu bewachen, und auch diese löst er gut. Entsprechend misstrauisch ist er häufig Fremden gegenüber.
Die Geschichte dieser Rasse ist interessant. Auch wenn sie erst 1878 im American Kennel Club registriert wurde, vermutet man, dass ihre Ursprünge im Jahr 1807 liegen, als ein Schiff an der Chesapeake Bay strandete. Zwei St.-John's-Newfoundland-Hunde waren an Board, eine damals beliebte Rasse aus Kanada, die auch die Ursprungsrasse der Labradors ist. Sie wurden mit anderen apportierfreudigen Hunden verpaart, wie man sie damals zum Jagen brauchte, wahrscheinlich mit verschiedenen Settern, Coonhounds, Flat Coated Retrievern, dem Irish Water Spaniel.
Die Frage stellt sich wie immer: ist diese Rasse auch für jemanden geeignet, der nicht zur Jagd geht. Ich denke ja, aber immer mit dem Wissen, dass ein Chessie ein sehr aktiver Hund ist, der eine sehr konsequente Erziehung, regelmäßiges (eigentlich lebenslanges) Training braucht und eine vernünftige Beschäftigung wie Rettungshundearbeit oder Dummysport. Dies alles ist kein "Kann-man-machen", sondern ein "Muss", ansonsten gibt es sehr schnell Probleme mit übertriebenem Wachverhalten oder Jagdtrieb.
Wer sich für diese faszinierende Rasse entscheidet, sollte sich gut informieren und sich vor allem für die Erziehung und Ausbildung des jungen Hundes viel Zeit nehmen und Gedanken machen. Eine gute Sozialisierung und Unterbindung jeglichen Verhaltens, mit dem er Menschen und Hunde dominiert, sind wichtig. Zudem wird der Chessie oft als "Ein-Mann-Hund" bezeichnet. Das bedeutet, dass er sich gerne an einen oder zwei spezielle Menschen bindet und der Rest der Welt eher stört. Auch hieran sollte man von Anfang an arbeiten, weil dies im alltäglichen Leben schnell zu Problemen führen kann.
Ansonsten: ein außergewöhnlicher Hund für fortgeschrittene Hundekenner, der sicher eine Bereicherung in unserer Hunderassenlandschaft ist.
Herzliche Grüße
Ihre Martina Nau
und das Baak-Dogwalker-Team